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Editorials 2024

In diesen Tagen drücken wir (hoffentlich beim Erscheinen dieses Textes noch immer) die Daumen für unsere Fussballnationalmannschaft und wünschen ihr, dass sie auf dem Siegerpodest des europäischen Fussballs stehen möge. Anderswo zählt die Schweiz bereits seit Jahren zu den weltweit Besten, ohne dass die Öffentlichkeit davon besondere Notiz nimmt. Die Rede ist vom Energie-Trilemma, eine vom Weltenergierat im Jahr 2010 geschaffene Messgrösse für die Energielage eines Landes.

Der Trilemma-Index beschreibt den Konflikt zwischen den drei energiepolitischen Zielen «Energie­versorgungs­sicherheit», «Zugang/Bezahlbarkeit» sowie «Ökologische Nachhaltigkeit». Alljährlich erfolgt ein Ranking von rund 130 Ländern in Bezug auf ihre Fähigkeit, das Energie-Trilemma zu bewältigen. Seit Jahren ist die Schweiz zusammen mit Dänemark, Schweden und Finnland in den Top Vier platziert, häufig auf Platz eins. Besonders gut schneidet unser Land jeweils beim Kriterium «Zugang/Bezahlbarkeit» ab. Wir verfügen jederzeit über eine sichere und bezahlbare Energieversorgung. Gerade die Kosten für fossile Energieträger sind gemäss Landesindex der Konsumentenpreise in den vergangenen Jahren im Verhältnis zu den übrigen Lebenshaltungskosten stets gesunken. Bei der Bewertung der ökologischen Nachhaltigkeit führen die Schweiz, Schweden und Norwegen. Der Weltenergierat schreibt dazu: Diese Länder haben auf Energieef  zienz gesetzt, diversifizierte kohlenstoffarme Energiesysteme eingeführt und effektive politische Instrumente eingesetzt, um die Treibhausgasemissionen deutlich zu reduzieren. Welch ein Widerspruch zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen die Schweiz!

Der Bedeutung der Bewertung durch den Weltenergierat liegt sowohl in der Gesamtbetrachtung der Energiesysteme als auch im langfristigen Vergleich der Entwicklungen in zahlreichen Ländern. Bezüglich der Versorgungssicherheit erhält die Schweiz ebenfalls Jahr für Jahr gute Noten, doch dürfte dem aufmerksamen Beobachter nicht entgehen, dass diese in den kommenden Jahren gefährdet ist. Der langjährige Podestplatz sollte uns nicht dazu verleiten, uns auf den Lorbeeren auszuruhen. Für die insgesamt gut abschneidenden europäischen Staaten halten die Autoren des kürzlich publizierten 15. Trilemma-Berichts denn auch eine Warnung bereit. Zwar konnte Europa den unmittelbaren Energieengpass nach dem Ausfall der russischen Versorgung meistern. Die langfristige Strategie vieler europäischer Staaten birgt laut dem Weltenergierat allerdings Risiken wie geringere Wettbewerbsfähigkeit, höhere Energiekosten und den Verlust technologischer Vorteile, was eine Deindustrialisierung zur Folge haben könnte. Dann wäre die Zeit der Podestplätze vorbei. Unser heutiges Energiesystem verdient politische Entscheide, die mit Bedacht gefällt werden und alle Dimensionen des Energie-Trilemmas berücksichtigen.

Roland Bilang, Geschäftsführer Avenergy Suisse

Editorials 2023

Ende November werden Zehntausende Interessensvertreter aller Couleur nach Dubai reisen, um an einer weiteren Ausgabe der UN-Klimakonferenz (COP28) teilzunehmen. Sie werden sich über die vielen Fragen beugen, die sich auf dem Weg zum 1.5-Grad-Ziel und zu netto null Emissionen ergeben. Schon wegen des Austragungsorts in einem Ölstaat werden Art und Zeitpunkt des Ausstiegs aus dem Öl und die Rolle der Erdölwirtschaft viel zu reden geben. Der erneut aufgeflammte Konflikt in Nahost trägt das Seine dazu bei, dass nebst dem Klimaschutz auch die Versorgungssicherheit auf der COP-Agenda stehen dürfte.

Der designierte Vorsitzende der COP28, Sultan Ahmed al-Dschaber, amtet auch als CEO der staatlichen Ölfirma der Vereinigten Arabischen Emirate Adnoc. Er rief im Vorfeld der Konferenz dazu auf, dass alle an den Tisch müssen, um die Energiewende voranzubringen, namentlich auch die Energiewirtschaft. Und die steht mit beiden Beinen auf dem Boden. Total-Chef Patrick Pouyanne äusserte sich dahingehend, dass vor lauter Investitionen in die zukünftigen, klimaneutralen Energien die Versorgung im Hier und Jetzt nicht vergessen gehen dürfe. Einfach und klar drückt sich auch sein Kollege bei BP, Interims-CEO Murray Auchincloss, aus. Er wird mit den Worten zitiert: «What I know is that the world needs oil and gas today. – Was ich weiss, ist, dass die Welt heute Öl und Gas braucht.» Die Investition in die Förderung dieser Energieträger müsse daher weitergeführt und ihre Verwendung defossiliert werden. Damit wird auch eine Beurteilung der sogenannten CCS-Technologie fällig, mithilfe derer das bei der Verbrennung von Öl und Gas emittierte CO2 eingefangen und definitiv im Boden eingelagert werden soll.

Allmählich wächst also die Einsicht, dass das Herunterfahren der fossilen Energien nicht nur eine beispiellose technische Herausforderung an sich darstellt, sondern dass ein Schritt von solch epochalem Ausmass mit Rücksicht auf die sozioökonomische Realität der Menschen zu erfolgen hat. Dafür ist die scharfe Order «netto null bis 2050» kein geeignetes Instrument, sondern wirkt kontraproduktiv und ignorant. Denn global betrachtet ist der Durst nach Öl noch lange nicht gestillt, trotz Bemühungen in vielen Ländern, den Verbrauch dieses wichtigen Energieträgers zu reduzieren. Die Organisation der erdölexportierenden Staaten (Opec) rechnet unterdessen mit einem stärkeren Anstieg der täglichen Nachfrage als bisher angenommen: Bis zum Jahr 2045 werde sie mit 116 Millionen Fass (à 159 Liter) höher liegen als heute, so die Schätzung des Förderkartells.

Es ist klar, dass die längst fällige Überprüfung der Klimaziele und -massnahmen in Dubai nicht auf eitel Zuspruch stossen wird. Die kluge politische Frage lautet jedoch nicht, ob wir das Netto-null-Ziel im Jahr 2050 erreichen werden, sondern vielmehr, wie die Energieversorgung während der Energiewende sichergestellt werden kann.

Roland Bilang, Geschäftsführer Avenergy Suisse

Editorials 2022

Die Energieversorgung gerät aus den Fugen, wenn die Politik, wie in den letzten Jahren, zu einseitig agiert. Die Auswirkungen spüren wir gerade schmerzlich.

Spricht man mit Branchenvertretern und Energieexperten über die schweizerische Energieversorgung, so kommt rasch das Bild des «Energie-Trilemmas» auf. Hinter diesem etwas kryptischen Begriff verbirgt sich der Gedanke, dass in einer erfolgreichen Energiepolitik folgende drei Aspekte im Gleichgewicht stehen müssen: erstens die Versorgungssicherheit – steht immer ausreichend Energie zur Verfügung? Zweitens die Wirtschaftlichkeit – ist die Energie für Wirtschaft und Gesellschaft erschwinglich? Und drittens die ökologische Nachhaltigkeit – welche Auswirkungen hat die Energieversorgung auf die Umwelt und das Klima? Wird einer dieser drei Aspekte überbetont – etwa durch ein zu offensives Eingreifen der Politik – gerät die Energieversorgung aus den Fugen.

Genau das ist in den letzten Jahren aber geschehen: seit langem dreht sich in der schweizerischen Energiepolitik alles nur noch um die Frage, wie klima- und umweltverträglich unsere Energieversorgung zu sein hat. Öl, Gas und Atomkraft haben unter diesem Gesichtspunkt bekanntlich schlechte Karten und stehen entsprechend unter Druck: Die Atomenergie wurde mit dem Ja der Bevölkerung zur Energiestrategie 2050 faktisch zu Grabe getragen und der Ausstieg aus den fossilen Energien soll ebenfalls in wenigen Jahrzehnten Realität werden. Die entstehende Lücke soll voll und ganz durch erneuerbare Energieträger wie Photovoltaik, Windenergie, Biogas und Wasserkraft gefüllt werden. Eine Strategie, die ausschliesslich unter dem Gesichtspunkt des Klima- und Umweltschutzes aufgegleist wurde. Sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch die Verfügbarkeit wurden sträflich vernachlässigt.

Man könnte verharmlosend auch von einer «Schönwetterstrategie» sprechen: Solange die weltweiten Versorgungsketten ungehindert liefen, ausreichend Strom importiert werden konnte und die in die Jahre gekommenen Atomkraftwerke dies- und jenseits der Grenze weiterbetrieben wurden, blieben die offensichtlichen Schwächen der Energiestrategie 2050 unter dem Deckel. Nun aber, da infolge der weltweiten Versorgungskrise, der Rezession und des Ukrainekriegs die Märkte verrücktspielen und alte Gewissheiten plötzlich nichts mehr gelten, fällt das Kartenhaus in sich zusammen. Nun gilt es, den Fokus weg von der Nachhaltigkeit zu nehmen und die anderen beiden Ecken des Energie-Dreiecks zu stärken. Haben wir ausreichend verfügbare, günstige und rasch lieferbare Energie? Möchte man diese Frage mit ja beantworten, kommt man um den Energieträger Erdöl nicht herum. Einzig bei Diesel, Benzin und Heizöl besteht derzeit nämlich keinerlei Mangellage; wer ein Auto mit Verbrennungsmotor fährt oder mit Öl heizt, hat diesen Winter nicht nur nichts zu befürchten, sondern spart auch ganz automatisch Strom und trägt damit zur Stärkung unserer Energieversorgung bei. Manchmal ist die Realität eben komplexer, als es sich gewisse Kreise wünschen. Und manchmal braucht es zuerst eine Krise, um offensichtliche Zusammenhänge wieder klar und nüchtern erkennen zu können.

Ueli Bamert, Leiter Politik, Avenergy Suisse

Editorials 2021

Jahresende – Zeit des Rückblicks. Und der Wünsche.

Was bleibt von 2021 – ausser Corona? Vielleicht die Erinnerung an ein Jahr, in welchem die Energieversorgungssicherheit erstmals seit Langem wieder an den Stammtischen diskutiert wurde. Plötzlich geht das Gespenst der Knappheit um. Zehn Jahre nach dem überstürzten Beschluss der Landesregierung, künftig auf bewährte Energiequellen zu verzichten und es lieber mit dem Prinzip Hoffnung zu versuchen, mehren sich die Zeichen eines Scheiterns dieser Energiepolitik. Mitte Oktober forderte der Bundespräsident die Unternehmen auf, sich auf eine mögliche Stromknappheit vorzubereiten. In einer solchen Situation müssten Unternehmen und Fabriken den Betrieb herunterfahren. Auch Busse, Trams und Züge könnten nur noch eingeschränkt fahren. Bereits in den kommenden Jahren droht eine Strommangellage, in welcher der Bedarf der Schweiz während mehrerer Tage nicht mehr gedeckt werden kann. Zu diesem Schluss kommt eine externe Studie im Auftrag des Bundesamtes für Energie und der Eidgenössischen Elektrizitätskommission.

Ungemach droht längerfristig aber auch im Erdöl- und Erdgasmarkt. Viele der grossen Energiekonzerne hinterfragen unter dem Druck der Klimapolitik zunehmend ihre Investitionen in die Erkundung und Förderung neuer Erdölund Gasvorkommen. In Öl, Kohle und Gas zu investieren, ist verpönt, wird am Ende vielleicht gar kriminalisiert. Milliardenbeträge sollen in die grüne Energieproduktion umgeleitet werden. Was von den Klimaaktivisten bejubelt wird, treibt die Energiepreise langfristig in die Höhe und heizt die Inflation zusätzlich an. Die Preise an den Zapfsäulen haben diesen Herbst einen Vorgeschmack darauf gegeben, wohin die Reise führen könnte. In der wohlhabenden Schweiz hat dies bis anhin zwar noch keine besonders hohen Wellen geworfen. Anderswo sind die explodierenden Energiepreise aber das Topthema: Die Regierungschefs der EU-Staaten und US-Präsident Joe Biden setzten alle Hebel in Bewegung, um die Gas- und Treibstoffpreise in ihren Ländern wieder in den Griff zu bekommen. Offensichtlich stehen günstige Energiepreise, sozialer Friede und politische Macht in einem engen Verhältnis zueinander.

Zugegeben, dieser Text ist keine Ode an die Fröhlichkeit, wie es sich für die Adventszeit eigentlich geziemen würde. Wir stehen vor kolossalen Herausforderungen, die wir ernst nehmen müssen. Ich möchte trotzdem die Gelegenheit nutzen, zwei Wünsche für das kommende Jahr anzubringen. Erstens wünsche ich uns allen die Klugheit, am selben Strick zu ziehen und damit aufzuhören, nach Schuldigen zu suchen. Es gibt sie nicht, die böse Macht, die um jeden Preis das Klima killen will. Zweitens wünsche ich uns die Gelassenheit, mit dem scheinbaren Widerspruch zu leben, dass wir für die sichere Energietransition noch etliche Jahre auf die fossilen Energieträger angewiesen sein werden. Wir leben im Erdölzeitalter, und dieses lässt sich nicht einfach mit ein paar Federstrichen und etwas gutem Willen überwinden.

Roland Bilang, Geschäftsführer Avenergy Suisse

Editorials 2020

Obwohl synthetische Treibstoffe noch weit von wirtschaftlicher Marktreife entfernt sind, ist die Akzeptanz bei den Konsumenten vorhanden.

Rund die Hälfte der Kunden würde heute bei einem Neuwagen auf einen Verbrenner setzen. Dies hat eine repräsentative Umfrage von Bosch in Europa ergeben. Und: 70 Prozent der Befragten befürworten eine Umweltprämie auch für saubere Verbrenner.

Das zeigt: Der Verbrenner ist noch lange nicht am Ende, das Bedürfnis nach sauberen Verbrennungsmotoren auch bei den Kunden hoch. Die überwiegende Mehrheit der Befragten unterstützt auch eine steuerliche Unterstützung von synthetischen Treibstoffen.

Diese können einen grossen Beitrag zu weniger klimaschädlicher Mobilität leisten. Erneuerbare Energie wird genutzt, um Wasser (H2O) per Elektrolyse in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) zu spalten. Der Atmosphäre wird per Direct Air-Capture (DAC) CO2 entzogen. Aus dem Wasserstoff und dem Kohlenstoffdioxid werden im Power-to-Gas-Verfahren (PTG) synthetische Treibstoffe hergestellt. Der Wasserstoff und der Kohlenstoff bilden dabei die für die Verbrennung wichtigen Kohlenwasserstoffmoleküle. Bei der Verbrennung im Motor zersetzen sich diese wieder, ausgestossen wird Wasser (H2O) und CO2. Der Kreislauf beginnt von vorne.

Güterverkehr als Treiber
Neben Porsche arbeiten auch andere Hersteller und Konzerne aus dem Automobilsektor an synthetischen Treibstoffen. So forscht Zulieferer Bosch an E-Fuels. «Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, kommen wir um E- Fuels nicht herum», sagt Stefan Hartung, Mitglied der Geschäftsführung von Bosch. «Nur mit synthetischen Kraftstoffen können die weltweit mehr als eine Milliarde Fahrzeuge, die bereits auf den Strassen sind, zum Klimaschutz beitragen.» Der deutsche Konzern arbeitet selber nicht aktiv an der Entwicklung von E-Fuels. «Unsere Rolle ist es, die kraftstoffführenden Komponenten E-Fuel-ready zu machen», so Pressesprecher Joern Ebberg. Auch Audi hatte 2017 angekündigt, versuchsweise in die Produktion von synthetischem Diesel einzusteigen. Dies sollte sogar in einer Anlage in der Schweiz im aargauischen Laufenburg passieren. Wie inzwischen bekannt wurde, hat man das Projekt aber Anfang dieses Jahres eingestellt.

Das grösste Projekt in Europa zur Produktion synthetischer Treibstoffe entsteht derzeit in Norwegen. Unter dem Namen Norsk E-Fuel arbeiten verschiedene Firmen, darunter auch der Schweizer Direct-Air-Capture-Experte Climeworks an einer Produktionsanlage, die bis 2026 jährlich 100 Millionen Liter E-Fuels produzieren soll. Diese sollen primär in «schwer elektrifizierbaren Sektoren» zum Einsatz kommen, also vorderhand im Flugverkehr und in der Schifffahrt.

«In manchen Bereichen, etwa im Gütertransport auf langen Distanzen, sind die flüssigen Energieträger schlichtweg alternativlos. Auch das ausschliesslich mit Batteriestrom betriebene Flugzeug wird ein exotisches Experiment bleiben», ist Roland Bilang, Geschäftsführer von Avnergy, überzeugt. «Die Zukunft gehört also sehr wohl auch den flüssigen Energieträgern, deren fossiler Anteil laufend gesenkt werden kann. Theoretisch spricht nichts dagegen, dass in einigen Jahren 100 Prozent biogene und synthetische Treibstoffe aus der Zapfpistole kommen, sodass der Strassenverkehr dann vollständig CO2-frei wäre.»

Roland Bilang, Geschäftsführer Avenergy Suisse

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